Das Obergoms. Blick von Oberwald
talabwärts.

Photo Archiv Pius Werlen. 

Die Einwanderer
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Zwischen 800 und 1000 kamen Einwanderer "aus dem Norden" über den Grimsel Pass ins Wallis. Sie haben die deutsche Sprache ins Oberwallis gebracht. Das „Oberwalliser Titsch“ ist ein allemannischer Dialekt, der in der abgeschlossenen Bergwelt alte Sprachstrukturen bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
 
Josef Meichtry,  um 1930 Senn Merezenbach-Alpe. Photo Archiv Pius Werlen. Die damaligen Talbewohner waren Selbstversorger. Sie produzierten, alles was sie zum Leben brauchten,  selber. Sie züchteten Kühe, Ziegen, Schweine und Schafe. Sie pflanzten Roggen, Flachs, Hülsenfrüchte und später Kartoffeln an. In der Dorfmühle mahlten sie das Mehl, im Backhaus buken sie das Roggenbrot.

Sie bauten Häuser,  Stallscheunen,  Speicher und Stadel.

Bei den zwei letztgenannten Gebäuden fügten sie zwischen Unterbau und Oberbau steinerne „Mäuseplatten“, so dass die Vorräte sicher und trocken aufbewahrt werden konnten. In den Speichern trockneten sie Rindfleisch, Speck und Würste. In den Kellern lagerten sie würzigen Käse. Diese Walliserspezialitäten sind heute noch sehr beliebt.
 

Der Stadel ist das Gebäude des Getreidebaus. Er ist einerseits Getreidespeicher, andrerseits Dreschplatz. Dieser letzterer wird „Tenn“ genannt. Dieser Tenn ist von aussen sichtbar, weil er balkonartig vorsteh

Die Stallscheune wird im Goms Gade genannt. Das Heu wird über die Aussentreppen in den Stall getragen. Der Heueinwurf erfolgt auf der Rückseite.

Der Speicher ist eine Vorrats- und Fleischtrocknungskammer. Die kleinen Fenster auf der Vorder- und Rückseite gewährleisten eine gute Durchlüftung.

         
Stadel Gade Spycher Heidenhaus Kreuz  

 
Eine beträchtliche Anzahl der Gebäude wurde im 16., 17. und 18. Jahrhundert gebaut. Das Holz das unserer Vorfahren benutzten, ist heute - nach 500 Jahren - immer noch bestens erhalten, ohne dass es je einmal hätte behandelt werden müssen. Das Harz hat das Holz vor Nässe und Kälte geschützt. Die Sonne hat es dunkel gefärbt. Es gibt sogar noch ältere Häuser. Sie heissen „Heidenhäuser“.

Die Heidenhäuser wurden im Mittelalter gebaut. Sie haben ein besonderes Kennzeichen. Unter dem First, auf den Firstständer,  befindet sich ein Kreuz.

Wie kommt es, dass ein Haus, auf dem ein christliches Zeichen steht,  „Heidenhaus“ genannt wird? Eines ist sicher: Diese Häuser wurden von Christen gebaut. Sie weisen die Merkmale des Blockbaus auf: die horizontalen Balken sind an den Enden ineinanderverkeilt. Der Firstständer scheint allerdings ein heidnisches Element zu
sein.

Die früher heidnische Bevölkerung der Schweiz, die Kelten und Germanen, bauten Häuser so wie man ein Zelt aufstellt, d.h. der First wurde von vertikalen Stämmen getragen. Der Firstständer ist demnach ein Relikt aus dem keltischen und germanischen Ständerbau und war oft mit heidnischen Symbolen verziert. Unsere Vorfahren haben im Giebelbereich diese Idee übernommen, um den in den Firstständer seitlich eingenuteten Wandhölzern besseren Halt zu geben. Damit niemand auf die Idee kam, in diesem Haus könnten Heiden wohnen, schnitzten sie ein Kreuz auf das „heidnische Bauelement“.  

Mähen bei Münster (Kamil
Werlen).

Photo Archiv Werner Werlen.

Unsere heidnischen Vorfahren  waren sowohl praktisch wie auch intellektuell begabt. Ihre wichtigste Lebensqualität war persönliche und geistige Freiheit. Sie hatten grossen Respekt vor der Natur, weil sie nach ihrem Glauben von den Göttern bewohnt war.

Sie waren Kenner der Natur: Sie kannten die Pflanzen und Kräuter und nutzten ihre Heilkräfte für Mensch und Tier. Sie glaubten an die Unsterblichkeit der Seele. Wir können von ihnen lernen, auf die Natur Rücksicht zu nehmen, und sie können uns daran erinnern, dass unser inneres Leben wichtiger ist, als das äussere, weil es ewig dauern wird.

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